„Urloup“
Von Lana Henning
„Die Temperaturen steigen weiter“, „Sonne, Meer, Palmen, Cocktails und Strohschirme – nein, wir sind nicht in der Karibik, sondern in Schleswig-Holstein.“ (Kieler Nachrichten 2018-05-24) Diese und andere Schlagzeilen kann der Schleswig-Holsteiner derzeit häufiger lesen, denn mit bis zu 31°C ist der Mai 2018 der heißeste Mai in Schleswig-Holstein seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Diese sommerlichen Temperaturen wecken Urlaubsgefühle.
Das Konzept des Urlaubs verbindet man für gewöhnlich mit arbeitsfreier Zeit oder auch Ferien, die der Erholung dienen und nicht selten an fernen Orten verbracht werden. Daher sind Floskeln wie: „mit sonnigen Urlaubsgrüßen“ nicht untypisch. In der gleichen Weise hat jeder schon mal die Frage: „Habt ihr schon Urlaub gebucht?“ gestellt oder gehört. Zudem findet man im Wörterbuch die übertragene Bedeutung von Urlaub, die meint, sich von etwas oder jemanden (bspw. dem Alltag oder der Familie) zu erholen. Dieses Konzept des Urlaubs ist in unserem Alltag sehr präsent, umso überraschender scheint die Tatsache, dass es sich hierbei um einen Bedeutungswandel handelt.
Eine diachrone Betrachtung zeigt, dass es den Begriff Urlaub schon im Mittelhochdeutschen gab. Der mhd. „urloup, urlop, urlob“ beschrieb die „Erlaubnis zum Fortgehen“ oder auch die Verabschiedung. Im Mittelhochdeutschen wird die Bezeichnung „Erlaubnis“ verengt betrachtet, nämlich als die „Erlaubnis, sich zu entfernen“ (die meist ein Höherstehender gewährte). Dies verdeutlicht folgendes Beispiel aus dem Mittelhochdeutschen Wörterbuch BMZ: „[D]er weggehende nimmt den urloup dessen der ihn entläßt. dô er daʒ urloup gewan“(1854, Sp. 117b).
Fest steht, bei diesem Bombenwetter (welches übrigens auch eine Bedeutungsveränderung erfahren hat, da ursprünglich hiermit im 2. Weltkrieg die sternklaren Nächte gemeint waren, welche sich geeignet haben, um die Fliegerbomben abzuwerfen) sehnen sich die Kieler nach dem Wasser, freien Nachmittagen und keinerlei Verpflichtungen. Ob sie diese durch den neuhochdeutschen Urlaubüber ihre Ferien erfahren oder sich doch ganz nach mittelhochdeutscher Art von den Pflichten befreien lassen wollen oder die Dozenten nach „urloup“ also der „Erlaubnis zum Fortgehen“ fragen, das spielt nun keine Rolle me(e)r.
Über die Autorin
Mein Name ist Lana Henning und ich studiere an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel auf Lehramt die Fächer Wirtschaft/Politik und Deutsch. Mich fasziniert, dass so etwas Alltägliches wie der Gebrauch von Sprache ungeahnte semantische Entwicklungen erfahren hat, welche bei näherer Betrachtung spannende kulturelle Wandelungen zugänglich macht. Das Phänomen, dass die Sprache sich immer weiterentwickelt und diese „unsichtbare Hand“ sogar in zeitgenössischeren Worten wie „geil“ oder „Bombenwetter“ nachzuvollziehen ist, weckt zusätzliches Interesse an der Thematik „Historische Semantik“.