„Und, wann bist du denn fertig mit deiner Diss?“ Ich: „Hm, tja, irgendwie jetzt!“
Diese Aussage meinerseits wird unterstützt durch meinen Gesichtsausdruck, der zunächst als ratlos und dann, bei Realisierung der eigenen Worte, als breites, manisch anmutendes Grinsen beschrieben werden kann. Ähnlich der Reaktion von Kleinkindern, wenn sie sich zum ersten Mal im Spiegel erkennen…Und dann war ich plötzlich fertig!
Aber vorher musste ich natürlich erstmal die mündliche Prüfung vor einer sechsköpfigen Prüfungskommission einigermaßen souverän über die Bühne bringen. Davon will ich euch heute ein bisschen erzählen.
Am Montag, 29.1.2018, um 12:15 Uhr versammelten sich 19 Menschen in einem kleinen Konferenzraum, um meiner Dispuatio mit dem bedeutungsschweren Titel Dialektgrenzen – Grenzdialekte. Die Struktur der itzgründischen Dialektlandschaft an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze beizuwohnen. Passend zur Thematik hatte ich das Gefühl, gerade eine Grenzerfahrung zu durchleben. 🙂
Zunächst wurde ich über die Prüfungsmodalitäten aufgeklärt und musste die Frage nach meinem gesundheitlichen Befinden ordnungsgemäß beantworten. Den ersten Test hatte ich also schonmal souverän bestanden. Dann folgte ein 20-minütiger Vortrag zu den Kerninhalten meines Dissertationsprojektes. Es ist tatsächlich gar nicht so einfach, ein fast 600-seitiges Dissertationsmanuskript sinnvoll in einem Kurzvortrag darzustellen. Die Schwierigkeit liegt dabei nicht nur in der Komprimierung der Inhalte, sondern vielmehr in der Aufbereitung der selbigen. Neben der fachkundigen Prüfungskommission sollte sich ja im besten Falle auch der weniger tief in der itzgründischen Materie steckende Teil des Auditoriums angesprochen fühlen.
Nach meinem Vortrag folgte eine 70-minütige Diskussion meiner Ergebnisse. Dieser Teil der Disputatio war in meiner Vorstellung wesentlich respekteinflößender als der Vortragspart…und das war dann auch in der Realität so. Neben einigen Fragen zur Methodik (Begründung der Zusammensetzung der Altersgruppen; Notwendigkeit des doppelten Vergleichs) der Untersuchung sowie zu unterschiedlichen thematischen Aspekten (Begriff der emotionalen Grenze; Schibboleths innerhalb des Itzgründischen), die ich für mich zufriedenstellend beantworten konnte, stach eine Frage heraus:
„Mit welchen Aspekten Ihrer Arbeit sind Sie nicht zufrieden? Welche methodischen bzw. inhaltlichen Schwächen erkennen Sie noch und wie würden Sie diese beheben?“
Meine erste Reaktion: Wow, die Frage ist echt gut und ich habe keinen blassen Schimmer, was ich darauf jetzt antworten soll. Eigentlich bin ich ja sehr zufrieden mit dem Endergebnis. Und der Prüfungskommission, die mich gleich im Anschluss beurteilen und meine Arbeit der letzten 4 Jahre bewerten soll, die „Unzulänglichkeiten“ auf dem Silbertablett zu servieren, erscheint mir auch nicht sehr clever. Aber einfach auszuweichen und zu sagen: „Ich habe nichts auszusetzen!“ wäre dann doch zu oberflächlich und hätte gleichzeitig auch einen narzisstischen Nachgeschmack.
Deshalb entschied ich mich für eine ehrliche Antwort. Nach einer kurzen Pause, in der ich meine Gedanken ordnete, sagte ich dann Folgendes:
- Methodisch: Ich habe ca. ein Jahr damit verbracht, Probanden für meine Untersuchung zu gewinnen. Da ich die meisten in Eigenregie akquiriert habe, war es ein sehr mühsamer, langatmiger und ineffizienter Weg, den ich gegangen bin. In Zukunft werde ich mir Hilfe suchen und ein kleines Netzwerk aufbauen.
- Thematisch: Hier sprach ich auf einen „weißen Fleck“ innerhalb meiner Theoriebildung an, den ich leider bisher noch nicht zu meiner vollen Zufriedenheit mit Inhalt füllen konnte. (Bei der Suche nach dem Selbigen wünsche ich den Lesern bzw. Rezensenten meiner Arbeit eine vergnügliche Zeit!)
Schließlich nickte man einvernehmlich im Publikum und die Kommission zog sich zur Beurteilung zurück. Nach einer kurzen Wartezeit kamen die Prüfer schließlich zurück und verkündeten, dass ich die Prüfung bestanden hätte. Insgesamt wurde ein summa cum laude vergeben. In meinem Kopf entfaltete sich ein warmes Gefühl der Glückseligkeit. Nicht ganz zu vergleichen mit dem Gefühl, als ich nach einem Jahr Abstinenz drei Schokoriegel in Reihe verspeiste, aber sehr ähnlich.
An die „Urteilsverkündung“ schloss sich eine Kette von Umarmungen und Glückwünschen, gefolgt von Sekt und Schnittchen an. Und das war’s dann. Jetzt kommt nur noch die Zeugnisübergabe. Davon berichte ich dann beim nächsten Mal.
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